Es war schon eine große Überraschung für mich, denn gerade, als ich (zumindest künstlerisch) erst einmal nicht mehr auf der Suche nach irgendetwas Neuem und eher damit beschäftigt gewesen bin, die beiden aktuellen, für mich wirklich tollen Projekte der Band und der Lesereihe auszuschöpfen, um ihnen zu mehr Auftritten zu verhelfen, geschah eine ganz besondere Begegnung - eine, mit derer Intensität und der sich daraus ergebenen Möglichkeiten ich nicht im Entferntesten gerechnet hätte..
Aber es gibt sie mitunter wirklich, jene Aufeinandertreffen, die sich im ersten Moment schon sehr vertraut anfühlen - so wie bei jenem vor wenigen Wochen, bei dem ich Katharina Burges, eine beeindruckende und mich auf sehr besondere Art berührende Künstlerin, kennenlernen durfte. Schon nach wenigen Gesprächen und ein paar gegenseitigen Konzertbesuchen war uns klar, dass wir so schnell nicht wieder voneinander lassen könnten. Es sind ähnliche Themen, die in uns arbeiten, die uns (vielleicht zu oft) beschäftigen und uns keinen Frieden finden lassen. Was also lag nicht näher, als den Gedanken aufzugreifen, uns auch musikalisch näher zu kommen? Katharina ist eine in der Klassik und im Jazz beheimatete Opernsängerin, Pianistin, Komponistin und Produzentin und ich der Typ, der aus dem Punk kommt - konnte das gutgehen? Momentan sieht es sehr danach aus, denn schnell ist klar geworden, dass gemeinsame Empfindungen immer stark wirksam sind - egal in welchem Genre sie ausgelöst werden - und dass sie als sehr verbindend wahrgenommen werden können.
Innerhalb kürzester Zeit hatte Katharina verschiedene meiner Texte aufgegriffen, sie neu vertont und ich erlebe nun die mitunter vor über zwanzig Jahren geschriebenen Stücke durch Katharinas emotionale Welt - durch ihren Blick und ihre Interpretation - noch einmal in ganz anderen Dimensionen, als bisher. Ihre Vorliebe für Perkussionen mit orchestralem Anstrich brachten natürlich sofort meinen geliebten Weggefährten und Freund Göran ins Spiel, der unserem Projekt sofort zusagte und sich gleich mit seinen Ideen derart einbrachte, dass wir uns schon in der ersten Probe als Team miteinander sehr wohl fühlten. Görans wahnsinnige Spielfreude, die mich in ihrer Vielfalt sehr an seine jahrzehntelangen Ausflüge mit Barbara Thalheim, aber auch an seine Orchesterarbeit erinnern, sind nicht nur musikalisch, sondern auch menschlich mehr als bereichernd. Katharinas intensiven Gesang und ihr Klavierspiel zu erleben und meinen Freund Göran so glücklich an seinem angestammten, vielfältigen Instrumentarium zu sehen, erfüllt mich mit großer Freude. Für mich entsteht dort einmal mehr etwas sehr wertvolles und ich bin überaus froh, mit diesen beiden großartigen Menschen und Musikern arbeiten zu dürfen - mit ihnen und ihren starken Gefühlen, die schon jetzt unsere einzelnen musikalischen Aufeinandertreffen für zu sehr emotionalen Erlebnissen werden lassen.
Was sind unsere Themen? Wir nennen unser Programm „Jenseits schillernder Welten“, und die werden nicht als Konzert im klassischen Sinne stattfinden, sondern als eine Art Performance mit nachdenklich-ruhigen bis hin zu sehr heftigen Passagen - ein Bühnenstück eher, angesiedelt zwischen Klassik, Jazz, Avantgarde, Rock und Pop, bei dem wir nicht mehr oder weniger verkörpern, als uns selbst und unsere innersten Gedanken. Und weil Depressionen und Angstzustände nicht ausschließlich Produkte menschlichen Innenlebens sind, sondern durchaus etwas mit der Welt zu tun haben, in der wir leben (müssen), schauen wir uns auch die noch einmal genauer an - und gerade dort wird heute abermals vieles sichtbar, was ich schon vor Jahrzehnten als scheiße empfand. Ich merke, dass ich diese alten Texte noch immer sehr mag und es mich drängt, sie wieder auf die Bühne zu bringen, weil sie leider nichts an ihrer Aktualität eingebüßt haben und sie noch viel öfter und an möglichst vielen Orten ausgesprochen werden sollten.
Auch gänzlich Unbekanntes und Neues wird es in diesem Programm geben und selbst wenn Weltenschmerz, Missbrauch, Trauma, Todestrieb, Verzweiflung und Sehnsüchte Themen sind, die oft nur im Verborgenen stattfinden, erleben wir die Beschäftigung mit ihnen als sehr befreiend. Um es mit Katharinas Worten zu sagen: „Da muss etwas raus!" - und das passiert seit einigen Tagen während der Proben sehr lebendig, auch wenn wir selbst hin und wieder von dem, was dabei in uns geschieht, überwältigt sind. Ich persönlich möchte jedoch immer wissen, wie es um meine Gefühle und Abgründe steht, um die Dinge neu angehen und positiver in die Zukunft schauen zu können. „Jenseits schillernder Welten“ wird also ganz und gar kein lustiges Programm, aber ein durchaus hoffnungsvolles. Wir freuen uns sehr, wenn wir dieses Stück unseres gemeinsamen Lebens bald mit Euch teilen dürfen.
Premiere: im Herbst (Infos folgen)